Fachtagung „Naturnahe Begrünung für Sachsen-Anhalt – Umsetzungsprojekte – Erfahrungen – Austausch“ am 24.04.2013 in Halle
In Kooperation mit dem Landesamt für Umweltschutz (LAU) und unserem Projekt „Informationssystem naturnahe Begrünungsmaßnahmen (INB) und Spenderflächenkataster Sachsen-Anhalt“ an der Hochschule Anhalt, fand am 24.04.2013 in den Räumlichkeiten des LAU in Halle unsere Fachtagung zum Thema „Naturnahe Begrünung für Sachsen-Anhalt“ statt. Die Veranstaltung mit fachpraktischem Schwerpunkt richtete sich vor allem an Behörden, Planer und Praktiker im Bundesland. Zahlreiche Gäste aus Behörden, Planungsbüros und Verbänden aus ganz Sachsen-Anhalt und auch über die Grenzen hinaus kamen unserer Einladung nach.

Zusammenfassung der Veranstaltung
Klaus Rehda ließ sich als Präsident des LAU die Begrüßung der Gäste nicht nehmen. Er betonte die Wichtigkeit der heimischen Arten und machte klar, dass ein ökonomischer Markt genauso wie rechtliche Grundlagen geschaffen werden müssen, um dauerhaft die Verwendung gebietseigenen Samenmaterials zu gewährleisten und somit die Artenvielfalt zu erhalten.
Ebenso erfreut waren wir über die Grußworte von Christian Bank, Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt. Er ging auf den § 40 (4) BNatSchG ein, der besagt, dass ab 2020 nur noch mit gebietseigenem Begrünungsmaterial gearbeitet werden darf. Weiterhin verwies er auf die Geschichte von Natura2000 und erklärte, dass sich die Erhaltung von gebietseigenen Arten wie ein roter Faden durch diese Geschichte zieht. Er betonte ebenso die Bedeutung der Biodiversitätsstrategie des Landes und dass auch hier festgeschrieben wurde, auf gebietsheimisches Saatgut zurück zu greifen. Zum Abschluss seiner Rede wurde die jahrelange Initiative der Hochschule Anhalt - und im speziellen - der Arbeitsgruppe von Frau Prof. Dr. habil. Sabine Tischew für den Einsatz naturnaher Begrünungsmaßnahmen lobend hervorgehoben.
Im ersten Teil der Veranstaltung lag der Schwerpunkt auf den Grundlagen der naturnahen Begrünungsmethoden.
Wichtige Hinweise zur Nutzung des Informationssystems Naturnahe Begrünungsmaßnahmen (INB) und des Spenderflächenkatasters für Sachsen-Anhalt - zwei Instrumente, entwickelt in unserem Forschungsprojekt an der Hochschule Anhalt, welche sich nun im neuen Design online präsentieren - gab uns Sabine Behrends, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Projektes der Hochschule Anhalt.
In ihrem Vortrag über die Grundlagen der naturnahen Begrünung stellte Dr. Anita Kirmer, ebenfalls von der Hochschule Anhalt,die Vorteile naturnaher Begrünungsmethoden heraus und erläuterte verschiedene Methoden, die angewandt werden können. Durch ihre jahrelange Erfahrung auf diesem Gebiet konnte sie u. a. eindrucksvoll vermitteln, wie eine erfolgreiche Entwicklungs- und Folgepflege durchgeführt werden sollte. Zudem stellte sie ein eigens entwickeltes Entscheidungsschema vor, welches als sinnvolle Hilfe bei der Umsetzungsplanung herangezogen werden kann.
Dr. Gunter Aßmann, Dezernatsleiter der Abteilung Saatgutprüfung und –anerkennung der
Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau, stieß eine rege Diskussion zum Thema Erhaltungsmischungsverordnung als rechtliche Grundlage zur Vermehrung und zum Handel gebietsheimischen Saatgutes an. Die Anwesenden waren dankbar für die grundlegenden Hinweise über den Umgang mit dieser Verordnung. Somit müssen sich Nutzer von Spenderflächen bei der LLFG registrieren, um Samenmaterial (z.B. durch Wiesendrusch oder Heudrusch) von diesen Flächen zu gewinnen und/oder in den Verkehr zu bringen. Eine Registrierung ist dabei aber einfach und unbürokratisch. Für die Methode "Mahdgutübertrag" trifft diese Regelung nicht zu. Vermehrungsbetriebe müssen generell ein Zertifizierungsverfahren durchlaufen.
Über den Umgang mit naturnahen Begrünungsmethoden aus Sicht der Planung berichtete sehr anschaulich Ines Pozimski, Mitarbeiterin der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH. Die vorgestellten Planungsphasen und -inhalte bei der Grünlandentwicklung (Kompensationsplanung, Ausführungsplanung, dauerhafte Begleitung) waren: Flächenauswahl – Ableitung der Entwicklungsrichtungen – Analyse der Standortbedingungen – Ableitung der Entwicklungsziele und -maßnahmen – Anlagevorbereitung – Flächenvorbereitung – Begrünung – Bestandsentwicklung und anschließend die Entwicklungsmaßnahmen oder Entwicklungskontrollen. Sehr deutlich wurde hier, dass im Vergleich zur Umsetzung mit herkömmlichen Saatgut zwar ein Kostenmehraufwand von ca. 25 % entsteht, aber die gesamte Umsetzung inklusiver der geringen Folgepflege nur einen Kostmehraufwand von ca. 1-2 % bedeutet.
Matthias Stolle, ein Fachmann auf dem Gebiet der Vermehrung, kann mit jahrelanger Erfahrung als Vermehrer gebietsheimischer Arten in unserer Region aufwarten. Sein Betrieb Saale-Saaten bei Halle ist auf die Vermehrung einer Vielzahl von Arten (aktuell 148) spezialisiert. Das Basissaatgut stammt von ausgewählten Spenderflächen, die in unserer Datenbank aufgeführt sind. Um die Verfügbarkeit von heimischem Saatgut zu steigern, wurde ein Partner mit 40 ha Vermehrungsfläche innerhalb des Produktionsraumes in Sachsen gefunden, der die Herkünfte der Firma Saale-Saaten ebenfalls vermehrt.
In seinem Vortrag nannte Herr Stolle Beispiele zur Umsetzung naturnaher Begrünungsmethoden, verwies auf die standortspezifische Vorbereitung verschiedenartiger Flächen, betonte die Wichtigkeit des Umsetzungszeitpunktes und stellte Beispielmischungen für verschiedene Standorte vor.
Im zweiten Teil ging es vorrangig um Umsetzungsbeispiele. Es wurden Projekte, bei denen naturnahe Begrünungsmaßnahmen zum Einsatz kamen, vorgestellt.
Den Anfang machten Konstanze May und Ralf Schmiede, wissenschaftliche Mitarbeiter der Hochschule Anhalt. Sie stellten Ihre Versuche vor, Zielarten auf Frisch- und Wechselfeuchten Wiesen mit Hilfe von Mahdgutübertrag und Wiesendrusch einzubringen. Daneben wurde eine Variante getestet, in der gebietseigene Arten zusätzlich eingesät wurden. Ihr Fazit: Diese Methoden eignen sich gut, um die Artenzahlen auf den Frisch- oder Wechselfeuchten Wiesen zu erhöhen. Die Varianten mit der Einsaat sind vor allem dort sinnvoll, wo keine hochwertigen Spenderflächen zur Verfügung stehen.
Jörg Brämer von der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Börde berichtete von den Erfahrungen und einigen „Teufelchen-im-Detail“, die bei zwei Umsetzungen naturnaher Begrünungsmethoden gemacht wurden. Die aufgetretenen Probleme waren aber nicht auf die Begrünungsmethoden zurückzuführen, sondern auf Missverständnisse in der Kommunikation. Als Schlussfolgerung konnten die Gäste mitnehmen: Eine sorgfältige Planung und die kontinuierliche Kontrolle sind unumgänglich für das Gelingen einer naturnahen Begrünungsmaßnahme. Als Hinweis gab er den Teilnehmern mit, dass zukünftig das Saat- bzw. Mahdgut von Spenderflächen aus Schutzgebieten verwendet werden soll, damit der dortige Schnitt sinnvoll genutzt und nicht entsorgt wird.
Wir freuten uns sehr, Herrn Detlev Finke von der Artenagentur Schleswig-Holstein für einen Gastvortrag gewinnen zu können. Er berichtete über ein Pilotprojekt in seinem Bundesland, welches ebenso mit naturnahen Begrünungsmethoden umgesetzt wurde. Herr Finke betonte, dass eine fachliche Begleitung bei der Umsetzung einer Maßnahme sehr wichtig sei. Gerade auch, was die konkrete Festlegung und Erfassung der Spenderflächen betrifft. Sein Fazit lautete, dass die alternativen Begrünungsmethoden sehr zu empfehlen sind. Als weiteres Etappenziel soll eine „Arche-Gärtnerei“ aufgebaut werden.
Guido Warthemann, Mitarbeiter des Planungsbüros LPR Landschaftsplanung Dr. Reichhoff GbR, ergänzte den Inhalt unserer Tagung mit einem weiteren Beispiel einer Umsetzung bei Dessau. Dort wurde ein Sandtrockenrasen auf einer Binnendüne renaturiert. Unterschiedliche Methoden, verschiedene Standorte, Nutzung natürlicher Potentiale, wichtige Details zur Herstellung und zur Entwicklungspflege, zur anschließenden Bewirtschaftung und zur Lösung sowie Vermeidung von evtl. auftretenden Problemen wurden ausführlich dargestellt.
Sandra Mann, ebenfalls wissenschaftliche Mitarbeiterin der Hochschule Anhalt, rundete mit ihrem umfangreichen Vortrag über vier weitere erfolgreiche Umsetzungsbeispiele, insbesondere der Deichbegrünung, unser Programm ab. Aufgrund ihrer langjährigen wissenschaftlichen und fachpraktischen Tätigkeit an der Hochschule, konnte sie sehr anschaulich vermitteln, wie Probleme bei der Maßnahmenumsetzung gelöst werden können bzw. erst gar nicht entstehen. Zudem sprach sie auch Möglichkeiten zur Kostensenkung im Planungsverlauf an.
Zeit für einen angeregten Meinungsaustausch und vielfältige Diskussionen gab es in mehreren Pausen sowie auch am Ende unserer Veranstaltung. Alles in allem war es für die Anwesenden ein überaus informativer Tag mit vielen Gesprächen und neuen Kontakten.
Wir danken noch einmal ganz herzlich dem Landesamt für Umweltschutz – speziell Dr. Dieter Frank – für die konstruktive Hilfe bei den Vorbereitungen unserer ersten Fachtagung! Unser Dank gilt weiterhin Frau Prof. Sabine Tischew, die uns durch die Fachtagung mit viel Engagement begleitete. Ebenfalls danken wir den Referenten für die gelungenen und anregenden Beiträge sowie den Gästen für das große Interesse!
Vorträge der Referenten
Die einzelnen Beiträge der Referenten haben wir für Sie hier eingestellt. (Die Seite ist noch im Aufbau bis alle Vorträge eingegangen sind.)