Die RICHTLINE 2010/60/EU DER KOMMISSION vom 30. Oktober 2010 enthält Ausnahmeregelungen für das Inverkehrbringen von Futterpflanzensaatgutmischungen zur Erhaltung der natürlichen Umwelt (sog. „Erhaltungsmischungen“).
Die Erhaltungsmischungen, sollen aufgrund dieser Richtlinie nach Artikel 2 (1) zur Erhaltung der genetischen Ressourcen beitragen bzw. in Verkehr gebracht werden, auch wenn sie nicht den Anforderungen der Richtlinie 66/401/EWG Artikel 3 (1) und (2) des Rates vom 14. Juni 1966 über den Verkehr mit Futterpflanzensaatgut entsprechen.
Erhaltungsmischungen umfassen laut Artikel 2 (1) Saatgut von Futterpflanzen sowie von Pflanzen, die keine Futterpflanzen im Sinne der Richtlinie 66/401/EWG sind.
Diese Richtlinie wurde mit der Erhaltungsmischungsverordnung (ErMiV) im Jahr 2011 in nationales Recht umgesetzt. Mit der 17. Verordnung zur Änderung saatgutrechtlicher Verordnungen (DEUTSCHER BUNDESTAG 2013, Drucksache 753/13) wurden letzte Anpassungen im Jahr 2013 vorgenommen. Die ErMiV regelt das Inverkehrbringen von Mischungen, die sowohl Saatgut von Wildpflanzenarten (welche nicht im Artenverzeichnis des SaatG aufgeführt sind), als auch Futterpflanzensaatgut (mit Arten aus dem Artenverzeichnis des SaatG) beinhalten. Diese Mischungen sollen der Erhaltung der natürlichen Umwelt dienen. Die ErMiV regelt nur das Inverkehrbringen von Saatgutmischungen. Für naturnahe Begrünungsmethoden, bei denen einige Paragraphen der Verordnung nicht anwendbar sind, so z. B. die Aufbereitung, die Abpackung oder die Kennzeichnung, gilt diese Verordnung nicht. Dies trifft im speziellen für den Mahdgutübertrag, für Heumulch, aber auch für den Oberbodenübertrag, die Sodenversetzung und -schüttung sowie für die Heublume zu (s. Kapitel Begrünungsmethoden). Wichtig für die Zuordnung ist hier auch, dass für einige dieser Methoden gleichwohl eine Lagerung und somit ein weiter Transport ausgeschlossen ist und dadurch angenommen wird, dass bei den o. g. Methoden eine Ausbringung nur in den Ursprungsgebieten möglich ist. Zudem sind bei den genannten Methoden Kontrollen (z. B. auf Artenzusammensetzung - bei diasproenhaltigem Oberboden) und Mengenplausibilitäten fast nicht möglich.
Ein Betrieb, der Saatgut von Erhaltungsmischungen vermehren und in den Verkehr bringen will, muss eine Genehmigung einholen. Diese wird auf Antrag von der zuständigen Länderbehörde nach einer entsprechenden Prüfung ausgestellt.
Weiterhin ist es notwendig, die Erhaltungsmischungen vor dem Inverkehrbringen zu kennzeichnen. Dies kann durch ein Herstelleretikett geschehen, welches bestimmte Informationen wie z. B. Name und Anschrift des Herstellers, die Art der Mischung, die Erntemethode, das Jahr der Verschließung, das Ursprungsgebiet, das Quellgebiet, den Entnahmeort, eine Erhaltungsmischungsnummer oder auch das Gewicht enthält. Die ErMiV sieht aber auch vor, dass es ausreicht, einige dieser Informationen auf einem beigefügten Lieferschein anzugeben oder dass sie – soweit sie die Lesbarkeit des Lieferscheins beeinträchtigen – auch beim Inverkehrbringer hinterlegt werden und auf Verlangen schriftlich zugestellt werden können.
Private Zertifizierungsunternehmen, die von den jeweils zuständigen Landesbehörden anerkannt wurden, prüfen vor Ort die Einhaltung der ErMiV sowie die Einhaltung der Belange des Naturschutzes. Eine von ihnen ausgestellte Prüfbescheinigung bzw. ein Prüfsiegel müssen der Erhaltungsmischung beigefügt werden.
Erhaltungsmischungen dürfen grundsätzlich nur innerhalb des Ursprunggebietes (s. Kapitel „Saatgutvermehrung“) in den Verkehr gebracht werden, in dem sie auch entnommen wurden. Bis zum 1. März 2020 gilt eine Übergangsregelung, die besagt, dass auch auf unmittelbar angrenzende Ursprungsgebiete zurückgegriffen werden kann, wenn Saatgut für einzelne Komponenten der Mischungen aus einem angrenzenden Ursprungsgebiet nicht in ausreichender Menge zur Verfügung steht und Saatgut anderer Arten aus den betroffenen angrenzenden Ursprungsgebieten nicht als Ersatz in Frage kommt.
Die ErMiV unterscheidet zwei Mischungsarten: die direkt geerntete Mischung und die angebaute Mischung. Bei der direkt geernteten Mischung handelt es sich um Saatgut verschiedener Arten, welches direkt von einer Spenderfläche mittels Methoden wie Wiesendrusch, Saugmulch und andere (s. Kapitel „Begrünungsmethoden“) geerntet und in den Verkehr gebracht wird. Die angebaute Mischung wurde als Basissaatgut von Spenderflächen gesammelt und auf Vermehrungsflächen angebaut. Erst von den Vermehrungsflächen geerntet, wird es in den Verkehr gebracht. Dabei ist zu beachten, dass „die Vermehrung der jeweiligen Bestandteile der Mischung nicht über mehr als fünf Generationen erfolgt ist“ (ErMiV 2011, ergänzt um die 17. VO zur Änderung saatgutrechtlicher VO 2013).